Skulptur Projekte 2017

Skulptur Projekte 2017 in Münster, Wasserwaage John Knight mit Blick auf den Dom

Letztes Wochenende waren wir in Münster, um uns die Skulptur Projekte anzuschauen. Seit vierzig Jahren werden dort im 10-Jahres-Rhythmus Skulpturen ausgestellt. Das Besondere daran: die Skulpturen stehen draußen, über die ganze Stadt verteilt.
Ich war zwar schon 1977 und 1987 dabei, kann mich aber leider nicht mehr daran erinnern. Ganz anders 1997 und 2007: Daran kann ich mich erinnern und ich fand beide toll. 2017 ist allerdings der Knaller. Das liegt unter anderem an Gregor Schneider, der mit einer Installation im LWL-Museum vertreten ist. Aber dazu später mehr.

Fangen wir besser vorne an, mit dem Herunterladen der Skulptur Projekte-App [SP17-Navi: iOSAndroid]. Wer sich vorbereiten möchte, tut das im Vorfeld. Wer es lieber spontan mag, lädt die App an einem der vielen offenen Hotspots in Münster herunter. Zum Beispiel an der alten Eishalle – einem idealen Startpunkt.

Die Eishalle – idealer Start für die Skulptur Projekte

ehemalige Eishalle Münster, Skulptur Projekte 2017

Skulptur Projekte 2017, Eishalle Münster, After ALife Ahead, Pierre Huyghe, offenes WLAN, Bienen

Hier muss man sowieso anstehen, bis man rein kann. Und die Zeit kann man auch nutzen, um den weiteren Rundgang zu planen. Endlich drin in der Eishalle, schnappt man sich am besten einen der netten Studierenden und lässt sich den Zusammenhang zwischen Fischen, Bienen, Besuchern und Oberlichtern erklären. Denn die Oberlichter öffnen und schließen sich in Abhängigkeit von der Bewegung/Energie im Raum. So ungefähr hab ich das wenigstens verstanden. Zusammen mit der aufgebrochenen „Eisfläche“, den Erdhügeln, den Pfützen und Trampelpfaden eine skurrile Endzeit-Atmosphäre. Das Ende der Eiszeit vielleicht?
Wer noch eins drauf setzen möchte, der lädt sich direkt die nächste App herunter [After Alife Ahead: Android, iOS], um per Augmented Reality noch eine weitere Ebene hinzuzufügen.

Skulptur Projekte am Oberverwaltungsgericht – zweite Etappe

Skulptur Projekte 2017 in Münster, Peles Empire

Auf dem Parkplatz des Oberverwaltungsgerichts: Peles Empire bei den Skulptur Projekten 2017

Als zweite Etappe bietet sich Sculpture von Peles Empire an: ein wilder Ritt durch verschiedene Stile und Epochen. Mit deutlichem Lokalkolorit in Form des durchschnittlichen Prinzipalmarkt-Giebels. Und damit ist genau der Durchschnitt aller Prinzipalmarkt-Giebel gemeint. Es drängen sich Assoziationen zu kleinen Kapellchen und großen Hörsälen auf. Betritt man das Gebäude, führt die Assoziationskette direkt bis zur Kölschkneipe an der Ecke. Spätestens jetzt ist ein guter Zeitpunkt, die App wieder zur Hand zu nehmen und nachzulesen, was sich die Künstlerinnen bei ihrem Werk gedacht haben könnten.

Direkt gegenüber: laboratory life

Skulptur Projekte 2017, Andreas Bunte: laboratory life

laboratory life, Andreas Bunte, Skulptur Projekte 2017

Quasi direkt gegenüber, versteckt hinter einer Säule, klebt laboratory life von Andreas Bunte an einer Fensterfront. Wer bis hier hin ohne Smartphone unterwegs war, sollte direkt weitergehen oder das jetzt ändern: Über einen QR-Code gelangt man zu insgesamt neun Videos, die allesamt (Test-)Laborszenen zeigen. Wer etwas übrig hat für leicht skurrile Filme, kommt hier voll auf seine Kosten. Ich konnte mich noch nicht für einen Favoriten entscheiden: die Windschutzscheibe oder die Kratzer im Lack. Andererseits hatten Haareschneiden und Kontaktlinse einsetzen auch ihren Reiz …

Next Stop: Essen fassen

Bis hier hin haben wir schon einiges gesehen und so langsam macht sich der Hunger bemerkbar. Also wird Etappe 4 das Mocca d’Or. Neben Pizza, nettem Ambiente innen und außen und spitzenmäßiger Kinderpizza hat es einen weiteren unschlagbaren Vorteil: Es liegt mitten in der Stadt.

Skulptur Projekte kontrovers

Skulptur Projekte 2017, Benz Bonin Burr

Könnte so ein Blick in die schwarze Box aussehen? Benz Bonin Burr, Skulptur Projekte 2017 – Kellerecke einer Gesamtschule in Köln-Vingst

Vor dem LWL Museum steht Benz Bonin Burr, ein Tieflader, beladen mit einer schwarzen Kiste. Isses das? Echt? Hammer. Unmöglich, keine Meinung zu haben.
Was ist drin? Wie finde ich das raus? So eine riesige schwarze Kiste, da muss was Spannendes drin sein! Oder? Ich jedenfalls hab als erstes mal mein Handy rein gehalten und ein Foto gemacht.
Die Familie neben mir war geteilter Meinung:
Papa: „Also echt, das ist doch keine Kunst. Damit kann ich nichts anfangen.“
Mama: „Ach, Manfred …“
Sohn 1 (geschätzte 15) verdreht die Augen.
Sohn 2 (etwa drei Jahre älter): „Das zeigt doch nur wieder, dass Du überhaupt keine Ahnung hast.“

Etappe Nummer 6 ist leicht zu finden: Mit dem Rücken zum Tieflader einfach den Blick heben und auf den gegenüberliegenden Aegidiihof schauen. Dort hängt ziemlich weit oben Ludger Gerdes „Angst“. Eine interessante Info, aber damit kann ich jetzt nichts anfangen. Wahrscheinlich ein Zeichen dafür, dass ich überhaupt keine Ahnung habe. Eine Leihgabe aus Marl übrigens: Dort hängt sie normalerweise am Rathaus.

Skulptur Projekte als Selbsterfahrung

Gregor Schneider, Skulptur Projekte 2017 in Münster

Skulptur Projekte 2017, Gregor Schneider, LWL Museum für Kunst und Kultur,

Und jetzt ist es soweit: Die nächste Station ist Gregor Schneider. Man muss etwas Wartezeit mitbringen, denn es darf immer nur eine Person (maximal ein Elternteil mit einem Kind) die Räume betreten. Laut LWL-Mitarbeiter bedeutet eine Person in der Schlange 10 Minuten Wartezeit. Glücklicherweise ging es bei uns viel (!) schneller. Ich hätte aber auch 20 Minuten pro Person gewartet.
Schwerpunktmäßig beschäftigt sich Gregor Schneider mit Räumen. Manchmal gibt es zwei identische Räume, in denen jeweils ein Zwilling den Abwasch erledigt. Manchmal betritt man ein muffiges Badezimmer, in dem der Wasserhahn tropft. Immer ist es ein bleibendes Erlebnis. Warum das so ist, kann ich manchmal nicht in Worte fassen. Trotzdem haben mich diese Räume immer berührt.

Genauso war es auch bei der aktuellen Installation in Münster: Nachdem ich die Räume verlassen hatte, war ich ziemlich verwirrt. Was ich gerade erlebt hatte, paßte nicht zusammen und war nicht wirklich logisch zu erklären. Warum eigentlich nicht? Die nette Dame am Eingang sah die Fragezeichen über meinem Kopf schweben und hat mir weitergeholfen. Und dabei das Geheimnis gelüftet. Das werde ich hier natürlich nicht tun. Ich kann nur jedem empfehlen, sich diese Installation anzuschauen. Für mich war es ein sehr interessantes Experiment, durch das ich auch etwas Neues über mich erfahren habe. Absolut empfehlenswert.

Noch ganz geplättet von der letzten Etappe, wären wir fast an John Knights Wasserwaage vorbeigelatscht – das hat sie nicht verdient! Also machen wir erstmal Pause. Und eins ist jetzt schon klar: Wir müssen auf jeden Fall wiederkommen. Wir wollen Gregor Schneiders Räume nochmal besuchen. Wir wollen auch noch Teil 2 und 3 von Andreas Buntes laboratory life sehen. Und zumindest ich möchte noch die Installation von Aram Bartholl in der Unterführung am Schlossplatz sehen.

Übers Wasser gehen – das Wunder der Skulptur Projekte

Übers Wasser gehen: on water von Ayse Erkmen, Skulptur Projekte 2017

Skulptur Projekte 2017, Hafen in Münster, Ayse Erkmen: on water

Aber bevor es wieder auf die Autobahn in Richtung Köln geht, machen wir einen kurzen Halt am Hafen, um übers Wasser zu gehen. Der Steg von Ayse Erkmen, der dieses kleine Wunder ermöglicht, ist natürlich ein Publikumsmagnet. Und zu Recht. Wir waren zwar nicht so alleine wie die Leute auf den einschlägigen PR-Bildern, aber die fast schon volksfesthafte Stimmung hat auch ihren Reiz.* Die Kinder sind nach anfänglichem Zögern begeistert, das Wasser ist erstaunlich warm und klar und wir sehen sogar Fische! Für mich und die übrigen Schisshasen zur Beruhigung: Es sind drei Rettungsschwimmer im Hafen stationiert.
Klarer Fall: hätte es das bereits 1977 gegeben – ich hätte mich in jedem Fall daran erinnert.
Also, ab ins Wasser und bitte nicht auf die Fische treten!

* Ich muss die ganze Zeit an den Jakobsweg denken – da soll es ja inzwischen auch etwas voller geworden sein.

ps/Wer weiterlesen möchte – wir waren inzwischen ein zweites Mal in Münster: Skulpturen Münster 2017

https://www.skulptur-projekte.de   (noch bis zum 01. Oktober 17)

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